Karolinische Steuerkataster

Das Karolinische Steuerkataster wurde auf Anordnung Kaisers Karl VI. in den Jahren 1722 bis 1726 angelegt.Hierdurch sollte eine einheitliche Grundlage für die Erhebung der Staatssteuern in Schlesien geschaffen werden.

Die Ertragsberechnung für Grund und Boden erfolgte in zwei Schritten. Im ersten Schritt wurden von den Dorfgemeinschaften Selbstauskünfte ("Unterthaner Specification" und "Unterthaner Bekänntnüß") eingeholt. Die von den Bewohnern eingereichten Daten wurden in einem zweiten Schritt von einer Steuerkommissionen ("Rektifikationskommissionen") überprüft und die Angaben entsprechend korrigiert. Als Ergebnis erhielt man somit die summierte Bewertung eines Dorfes ("Unterthaner Befunds-Tabella").

Untertanen-Spezifikation

In der Untertanen-Spezifikation wurde für einzelne Personen - bei kleineren Anteilen auch für eine Gruppe von Personen - die Nutzung von Grund und Boden erfasst und bewertet. Die Erfassung erfolgte in acht Kategorien ("Rubriken"). 1. Gärten-Nutzung, 2. Mühl-Nutzung, 3. Bier- und Brandwein-Urbar, 4. Teich-Nutzung, 5. Steigend und fallende Nutzungen, 6. Holz-Nutzung, 7. Vieh-Nutzung, 8. Säe-Werk.

In den für unsere Forschungen relavanten Orten wurden oft nur Kategorien 1, 7 und 8 verwendet, daher werden wir auf diese drei Kategorien etwas näher eingehen.

Erfasst wurden hierbei nur diejenigen Bewohner eines Ortes, die auch entsprechende Nutzungen aufzuweisen haben.

Gärten-Nutzung

Gärten-Nutzung 

Zur Gärten-Nutzung gehörten der Anbau von Obst, Gemüse, Kräutern oder auch Wein. Für die einzelnen Gärtenbesitzer wird die Nutzungsart spezifizert. Dann erfolgt die Angabe zur Größe des Gartens sowie zu dessen Bodenqualität. Je nach Qualitätsklasse wird ein Malter mit 8, 6, 4 oder 3 Thaler bewertet. Aus der Größe des Gartens und der Bodenqualität errechnet sich dann der Ertragswert jedes einzelnen Gartens. Hieraus wird dann ein Kapitalwert (KAPITALWERT = ERTRAGSWERT * 100 / 12) bestimmt.

Vieh-Nutzung

Vieh-Nutzung 

Die Viehnutzung umfasste die Aufzucht von Kühen, Schweinen, Ziegen und Schafen. Kühe, Schweine und Ziegen wurden stückweise erfasst, Schafe in Vierteln, d.h. à 24 Stück. So findet man hier auch schon einmal die Angabe "1/2 Viertel". Typische Angaben sind hier 2 Kühe und 1 Schwein pro Bauer und 1 Kuh pro Gärtner. Für die Bewertung des einzelnen Tiers stehen wieder verschiedene Qualitätswerte zur Auswahl.

Äcker-Nutzung (Säe-Werk)

Vieh-Nutzung 

Die Nutzung der Ackerflächen wurde unter dem Begriff "Säe-Werk" erfasst. Zu jedem Bauern, Gärtner etc. wurden die einzelnen Flurstücke mit ihrer Lage aufgeführt und deren Gesamtgröße in Malter und Scheffel spezifiziert. Weiterhin wurde angegeben, wieviel hiervon für die Wintersaat und wieviel für die Sommersaat genutzt wurde. Gemäß der Dreifelderwirtschaft blieb in der Regel ein Drittel der Fläche brach liegen. Je nach der Bodenqualität wurde die Aussaat bewertet. Die Bodenqualität wurde in vier Klassen eingeteilt, entsprechend wurde dann 1 Malter Wintergetreide mit  8, 6, 4 oder 3 Thaler bewertet,  Sommergetreide die Hälfte. Aus den so bestimmten Wert der Aussat wurde dann ein Kapitalwert errechnet und zwar derart, dass der errechnete Wert 12 Prozent des Kapitalwertes betrug (KAPITAL = WERT * 100 / 12).

Beispiel:
Name und Bezeichnung Col 1: Größe Col 2: Wintersaat Col 3: Sommersaat Wert Kapital
  Malder Scheffel Malder Scheffel Bewertung Malder Scheffel Berwertung  Th Sgr H Th Sgr H
Johann Mathia, Bauer                            
auf Vörder-Feld   10                        
auf Mittl-Feld   10                        
auf Weiten-Feld   10                        
Summe 1 6                        
        1 à 6 Th   1 à 3 Th   18        
        3 à 4 Th   3 à 2 Th 1 12        
        6 à 3 Th   6 à 1,5 Th 2 6        
Summe                 4 12   37 12  

 

Dies ist ein typisches Beispiel für ein Waldhufendorf. Hier erstreckten sich die Felder eines Bauernhofes in einem langen Streifen hinter den Hofgebäuden. Dieser Streifen war in drei Teile untergliedert: Vorderfeld, Mittelfeld und Hinterfeld.

Untertanen-Bekenntnistabelle

Die Daten der einzelnen Untertanen wurden am Ende in der sogenannten Untertanen-Bekenntnistabelle zusammengefaßt und ein Kapitalwert für das gesamte Dorf errechnet.

Untertanen-Befund-Tabelle

Die von der Dorfgemeinschaft erstellten Aufstellungen wurden von einer Rektifikationskommission überprüft. Es wurden einerseits die Angaben zu den Feldgrößen überprüft und andererseits auch die Qualitätsangaben zu Böden und Tieren begutachtet. Im Allgemeinen wurden hierdurch beide Angaben nach oben korrigiert, so dass am Ende ein höherer Kapitalwert für die Dorfgemeinschaft herauskam. Das Ergebnis wurde in der "Unterthaner Befunds-Tabella" analog zur Untertanenbekenntnistabelle niedergelegt. Neben der Ergebnistabelle wurden auch einige Protokollnotizen angelegt.

 

Münz- und Maßeinheiten

1 Malter (auch Malder) = 12 Scheffel, wobei ein Breslauer Scheffel etwa 74 Liter faßt.

Man säte 1 Malter Getreide auf eine Fläche von 10 (schlesischen) Morgen, somit entspricht 1 Malter etwa 5,64 ha und 1 Scheffel etwa 0,47 ha

1 (schlesischer) Thaler = 24 Silbergroschen; 1 Silbergroschen = 18 Heller

Quellen für die Umrechnung der Maßeinheiten

Die Kaufleute und Händler brauchten für die vielen exstierenden regional unterschiedlichen Maße verlässliche Vergleichswerte. Hierzu wurden umfangreiche Tabellenwerke angeboten. Für den Vergleich der unterschiedlichen regionalen Maßeinheiten wurde im 17. und 18. Jahrhundert der Pariser Fuß oder Pariser Zoll (1 Fuß = 12 Zoll) herangezogen, der aber auch lokalen Schwankungen unterzogen war. Erst mit der Einführung des Urmeters wurde der Pariser Fuß im Jahr 1800 genau definiert und auf 32,484 cm festgelegt.

Friedrich Albert Niemann: Vollständiges Handbuch der Münzen, Masse und Gewicht aller Länder der Erde. Quedlingburg und Leipzig, Verlag von Gottfr. Basse, 1830

Ludwig von Baczko: Handbuch der Geschichte, Erdbeschreibung und Statistik Preussens. Zweiter Theil. Königsberg und Leipzig, bei Friedrich Nicolovius, 1803; Seite 135

 

Ausgewählte Katastertabellen

Der größte Teil der Karolinischen Steuerkaster befinden sich im Staatsarchiv Breslau. Für den südlichen Teil Schlesiens, Teile des Kreises Leobschütz und Österreichisch Schlesien befinden sich im Landesarchiv Troppau. Die Bestände sind bereits digitalisiert und online verfügbar. Einige habe ich bereits für die genealogische Forschung ausgewertet.

Österreichisch Schlesien

Heinzendorf

Klein Petersdorf

Mankendorf

Oberschlesien

Kreis Kosel

Dzielau

Grzendzin

Mosurau

Wittoslawitz

Wronin

Kreis Ratibor

Gammau

Ponientzütz

Schonowitz